Quedlinburg, Weltkulturerbe, das hört sich groß an. Dabei ist die Stadt an der Bode so groß nicht. Gerade mal gut 28000 Einwohner leben auf 78 Quadratkilometer. Viel ist das nicht. Aber sehenswert ist die Stadt trotzdem. Man findet kaum anderswo eine derart große geschlossene Ansammlung an historischer Bebauung aus verschiedensten Jahrhunderten vom Ständerbau bis zum Jugendstil wie in Quedlinburg. 30 Jahre Kommunismus haben konserviert und erhalten was anderswo durch gut gemeinte Stadterneuerung zerstört wurde.
Seit 1994 steht das architektonische Erbe von Quedlinburg mit seinen 1200 Fachwerkhäusern aus 600 Jahren daher auf der UNESCO Liste als Weltkulturerbe. Sie ist damit eines der größten Flächedenkmale in Deutschland. Um den mittelalterlichen Kern herum, finden sich Villen und Wohnhäuser des Jugendstil vom Anfang der 20. Jahrhunderts.
Bei meinem ersten Besuch im Jahre 1991, kurz nach der Wende, war von Weltkulturerbe noch keine Rede. Allenfalls von Verfall in großem Stil. Ein großer Teil der Bebauung zeigte sich stark angegriffen, vielfach leer stehend und zum Teil einsturzgefährdet. Auf den Dächern stand der damals typische Antennenwald für den Fernsehempfang. Kein schöner Anblick. Das Kopfsteinpflaster in den Straßen war beschädigt und zum Teil mit Asphalt notdürftig ausgebessert. Aber hier und da zeigten bereits vereinzelte Baugerüste die beginnende Erneuerung.
Allerdings war das Potential deutlich sichtbar was sich bei sorgfältiger Erneuerung bieten würde. Es war klar das diese Stadt in einigen Jahren Touristen aus aller Welt anziehen würde. Die Aufnahme in die UNESCO Liste hat da ein Übriges getan.
Beim Schlendern durch die Straßen lohnt damals wie heute ein offenes Auge mit dem Blick für kleine Details. Frühere Baumeister haben sich noch Mühe gegeben um ihrem Haus etwas Einzigartiges zu verleihen. Eine kunstvoll verzierte Türklinke hier, ein schmiedeeiserner Fußabstreifer da. Es gibt Türen mit Schnitzereien und Einlegearbeiten. Wer den Blick auch mal nach oben wendet findet fantasievolle Schilder über Ladeneingängen und schöne Ornamente an Hausfassaden. Das Fachwerk ist hier und da kunstvoll verziert. Das gibt es heute noch, dem Denkmalschutz sei Dank.
Um den mittelalterlichen Kern herum entstand während des Übergangs vom 19. zum 20. Jahrhundert ein Bereich mit Villen im zu dieser Zeit modernen Jugendstil. Eines meiner Lieblinge ist das Haus an der "Steinbrücke Nr. 11". Bei meinem Besuch im Jahr 1991 war die Fassade stark vom Zahn der Zeit geprägt. Der Putz bröckelte und einige billig gemachte Reparaturen waren allenfalls zweckdienlich. Doch auch hier lohnt der genaue Blick. Deutet der Mann mit der Kamera im Stuck versteckt darauf hin das der ursprüngliche Erbauer ein Photograph war? Ich weiss es nicht und niemand konnte es mir sagen. Wer näheres weiss, möge sich bei mir melden.
Bei meinem nächsten Besuch im Jahr 2004 sieht das ganz anders aus. Die hässliche Einfassung um die Tür ist verschwunden, ebenso die blinden Scheiben im oberen Bereich der Schaufenster. Wo einst der Sims für das Regenfallrohr einfach abgeschlagen war, windet sich das neue Rohr heute in einem kunstvollen Bogen um den restaurierten Sims.
Einiges ist auch verschwunden. Zum Beispiel ein Pissoir mit dem Charme von 50 Jahren Verfall welches ich im Jahr 1991 noch benutzt habe. Es befand sich in der Nähe des Bahnhofs aber ich finde es nicht mehr wieder und vermute der Bagger hat zugeschlagen. Es ist nicht schade drum.
Ein Besuch auf dem Schloss darf nicht fehlen. Das Stift Quedlinburg wurde 936 auf dem Schloßberg gegründet. Der Schloßberg eröffnet bei gutem Wetter eine wundervolle Aussicht über die Giebel der Stadt. Die Sandsteinformationen des Schloßberges reichen bis in die Stadt hinein und bieten von unten einen imposanten Anblick und für Kinder eine willkommene Gelegenheit zu einer Kletterpartie.
Auch der Sternkiekerturm erlaubt eine schöne Aussicht sofern ein Aufstieg möglich ist. Gelegentlich ist er verschlossen. Die Treppe im inneren hat verblüffende Ähnlichkeit mit der Treppe auf welcher James Stuart dereinst Kim Novak wegen Höhenangst nicht folgen konnte. In Alfred Hitchcocks berühmten Film Vertigo.
Sie erreichen Quedlinburg vom Ferienhaus Mohnblume aus in ca. 35 Minuten. Parkplätze sind ausgeschildert und leicht zu finden. Suchen sie bei ihrem Rundgang auch Straßen und Gassen außerhalb der belebten Hauptwege auf, schauen sie genau hin und achten sie auf Details. Es lohnt sich.
Wenn sie sich vorher über die Stadt und deren Geschichte informieren möchten so empfiehlt sich entweder ein Gang in die nächste Stadtbücherei oder der sehr ausführliche Artikel über Quedlinburg im Wikipedia. Dort findet sich auch eine umfangreiche Zusammenstellung aller Sehenswürdigkeiten in und um Quedlinburg. Das Team vom Ferienhaus Mohnblume wünscht einen schönen Urlaub.